Vom Schaf zur Wolle

Unser Tetil Wochenende 3 und 4 Juni 2023

Wir wollen Sie entführen zu den Wurzeln der Textilverarbeitung und herstellung

Armenischen Mufflon

10000 Jahre ist es her, das der Mensch aus dem Armenischen Mufflon sich ein leicht zu haltendes Herdenhaustier domstizierte das neben Milch, Fleisch, Knochen und Fell auch ein produzent von gut zu verarbeitenden Textilfaser war. Seit ca. 8500 Jahren ist der Fokus dann auch Wolllieferant.

Herde Soay Schafe

Von der verarbeitung der Schur bis zum fertigen Faden kann man an 4 Stationen im Gehöft die Entstehung erleben.

Auch das Tier selbst, die Problematik der Überzüchtung am Beispiel des Australischen Merino und die Rückkehr zum Schaf als Landschaftspfleger sollen nicht zukurz kommen.

Lassen Sie sich auf ein Sinneserlebnis ein und „spinnen“ Sie mit uns ein Stück Menschliche Entwicklungsgeschichte

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Köhlers Jahresprojekt 2015/16 Wir weben einen Wollstoff im Gewichtswebstuhl mit selbstgesponnener Wolle

Wenn man sich länger in der Mittelalterszene aufhält setzt man sich früher oder später mit Stoffen und Gewand selber nähen auseinander. Der erste Punkt wo ich zum grübeln kam war, als ich mit Knochen-nadeln in einem gekauften normalen Wollstoff versuchte zu nähen und die Naht aussah als wenn jemand mit einem Maschinengewehr eine Salve abgefeuert hätte.

Spätestens ab diesem Zeitpunkt befast man sich dann mit Stoffen und der Herstellung selbiger. Da die Köhlerhütte zu Kaltenberg ein nachbau der Handwerkerhäuser am oberen Point in Bobingen ist und dort die größte bayrische Ansammlung von Weberhäuser gefunden wurde, passt es natürlich, sich mit einem Gewichtswebstuhl auseinander zusetzen.

Die Auswahl ist groß da das Prinzip knapp  5000 Jahre verwendet wurde /wird.

Im Beiheft 38 2001 Experimentelle Archäologie fand ich einen Bericht über den Nachbau des Prachtmantel s aus dem Vehnemoor. Ab hier kommt dann der Name „Karl Schlabow“ ins Spiel.

Zwei Wochen intensives Lesen, und der Entschluss stand fest, wir weben einen weißen Wollstoff auf einem Gewichtswebstuhl nach Schlabow mit den einbau von Brettchen zum Kantenabschluss und einer Kette eingewoben in ein Band mit Brettchen gewebt.

Fäden/ Spinnen/Fäden/Spinnen/Fäden

Da wir ja den Ehrgeiz haben kein Mischgewebe herzustellen sprich Kette Leinen/ Schuss Wolle wie es auch in den experimentellen Archäologiebüchern immer wieder beschrieben wird und auch aus „Zeitgründen“ auf gekauftes Garn zurückgegriffen wird, sondern Kette und Schuss aus Wolle herzustellen stand nun an erster stelle einen Wollfaden herzustellen der min. 8-10/2 hat sprich auf ein Gramm Wolle 8 – 10 m Faden 2 fach gezwirnt.

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Das fertige Produkt schaute dann so aus:

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Um jetzt feststellen zu können ob der Faden eine Kettenspannung aushalten würde, spannte ich einen Tischwebstuhl der einfachen art auf und webte in Leinwandbindung ein Musterstück 25 x 25 cm.

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Ab 20 cm waren die Kettfäden so gedehnt das sie anfingen am Fach-rechen zu brechen bzw. auseinanderzufallen.

Auch das Problem des verhackens der Wollkettfäden bemerkte ich, es wurden in fast allen Berichten die ich gelesen habe beschrieben.

Lösungsvorschlag Nummer 1, wir zwirnen 3Fach.

Das heißt zwei neue Aufgaben:

1. Was ist eine Schlichte und wie schaute das im Mittelalter aus.

2. Aus was waren den die Brettchen damals?

Brettchen Weben

Brettchenweben ist ja prinzipiell nichts neues. Witziger weise steht in jedem Lager ein Brettchen webrahmen rum, und die Leute sind auch noch davon überzeugt das der so echt ist!

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Ist er aber nicht .

Es gibt einen Brettchenwebrahmen  den man gefunden hat, üblicherweise kann man die Bänder auch senkrecht mit Gewicht weben, und nach oben wickeln. Funktioniert super braucht keinen Platz!

Und nur so können die Brettchen ja auch zum Kantenabschluss des gewebten Stoffes verwendet werden.

Die Kernfrage lautete: Aus was waren die Brettchen, Pappe oder Metallscheiben wirds ja wohl nicht gewesen sein.

Laut Literatur dünne Holzscheiben oder Leder und auch Bronze oder Messingblättchen sind belegt.

Die Metallgeschichte scheidet aus, Holz wie gewachsen also kein Leim-holz bricht mir immer wieder, auf egal ob in Faser oder als Hirnholz.

Also hab ich mich für 1,5 mm dickes Gürtel-leder entschieden.

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Versuch 1 und 2 Brettchenweben mit Lederbrettchen. Ich entdecke für mich das „Schlichten“

So frohgemut mit den Resten der Kettfäden von meinem Stoff versuch 4 Brettchen eingespannt ein Tongewicht 460 Gramm darangehängt und los geht es, wohlgemerkt um 4,25 Uhr morgens vor der Frühschicht…

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Die ersten 15 cm waren super kein Problem aber dann fangen die Fäden ( 2 fach gezwirnt) an sich aufzurubbeln und an den kanten zu verhängen was zum einen zu hässlichen schlingen führt zum andren reist der Faden.

So die Frage lautete, Gewicht für 16 Fäden zu schwer?

Faden zu instabil?

Lederbrettchen zu rau an den kanten?

Also die Brettchen abgerundet und die Kanten mit dem Messer entgradet.

Dann war da ja noch die aussage mit dem Schlichten!

Beim Schlichten werden die Kettfäden mit einer Substanz getränkt um die Belastung auszuhalten. OK

Und in der Bronzezeit/Mittelalter/Eisenzeit???

Knochenleim, Getreide stärke,

Knochenleim muss nicht sein probieren wir den „Mehlbab“

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Und siehe da die Fäden sind sehr starr und steif, wahrscheinlich zu viel mehl oder zu lange in der Brühe, aber stabil ohne ende.

Gleicher Versuchsaufbau, Die Fäden konnten in der gesamten Länge verwoben werden ohne das ein Faden brach!

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So das Heist wenn wir 8 Fäden pro Zentimeter haben wollen, und der Stoff 70 cm breit sein soll + 64 Fäden für 2 x 8 Brettchen dann brauchen wir knapp 2 km Dreifach gezwirnten Faden. Das dauert jetzt ein bisschen…

Ich werde jetzt mal einen Scherbaum machen und testen ob ich in einer Brettchenborte 8 Fäden als Schuss auf einen cm unterbringe.

Der Köhlerteppich von Kaltenberg

Vermutlich war es Odo von Conteville der um 1077 zur Einweihung seiner Kathedrale in Bayeux einen 70 m langen bestickten Stoffstreifen in Auftrag gab, der die Eroberung Englands durch seinen Halbbruder „Herzog Wilhelm“ und die politischen und gesellschaftlichen Ereignisse vor und nach der Eroberung darstellen. Dieser 70 m lange und 0,5 m breite „Stoffstreifen“ allgemein auch „Teppich von Bayeux“ genannt ist ein einzigartiges Kunstwerk des frühen Mittelalters das bis heute eindrucksvoll vielen geschichtsbegeisterten Menschen einen Einblick in das Leben des frühen Mittelalters der „Jahrtausendwende“ verschafft. images (5) Seit unserem Besuch in Bayeux 1995 treibt mich das Verlangen einmal einen Teil des Teppichs zu sticken. Doch wie bei „Malen nach Zahlen“ verbot sich ein stupides 1 zu 1 Absticken des Teppichs als wenig erfüllend. So entstand 2014 die Idee, Inhalte des Original-Teppichs mit wenigen Verfremdungen in ein neues Arrangement zu fassen, das vornehmlich die Kohleherstellung zu Kaltenberg versinnbildlicht.

Der Hauptteil: Die Holzkohleherstellung

Der Hauptteil, die Kohleherstellung, ist in drei Kernbereiche unterteilt die von links nach rechts gelesen werden:

1, das Fällen der Bäume

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Der Köhler fällt mit einer Axt Laubbäume, die Originalszene „Vorbereitung des Langbootbaus“ wurde bei der Kleidung ( Kopfbedeckung und Gewand) verändert.

Der eingefügte Text: ´“QUERCUS MOIUNTUR FERRO“  „die Eichen sterben durch das Eisen“ bezieht sich auf das Sterben der großen Laub-Urwälder durch den immensen Kohle- und Energieverbrauch der aufstrebenden Städte. So heißt heute noch ein Landschaftsgebiet um Augsburg „die Stauden“ weil der Hochwald zu Holzkohle verarbeitet wurde und sich nur noch Knüppelholz und Stauden ausbreiten konnten.

2, das Betreiben des Meilers

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Der Köhler steht mit einer Schaufel voll Kohle neben einem Kohlemeiler, die Originalszene “ Errichtung eines Erdwalls bei Hastings, Vorbereitung der großen Schlacht“.

Aus dem Erdwall wurde ein Meiler mit Holzeimer und Haltepfosten gegen das Abrutschen des Lösches. Wieder wurde das Gewand und die Kopfbedeckung der Person verändert. Da es im Teppich keine Rauchdarstellung gibt, wurde ein “ Stoffbaldachinende“ das sich um einen Holzpfosten windet, in Rauch umgestaltet.

Der eingefügte Text: „IGNES STRIDENTES INFERCIT CARBONARIUS“  „Der Köhler sticht in die zischenden Gluten“.

3, Grillen mit Holzkohle

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Der Köhler, hier ohne Arbeitskleidung, steht vor einem Grill und bereitet Speisen zu, in der Originalszene “ Zubereitung und Beschaffung von Proviant in der Gegend von Hastings“.

Hier wurde nur Gewand und Kopfbedeckung geändert alles andere entspricht dem Original, auch die eigentümliche „Grillzange“!

Im Hintergrund ist das „Schloss Kaltenberg“ im Stil der Gebäudedarstellung eingefügt.

Der eingefügte Text: „LEGYMINA CALEFIUNT FLAMMIS TENELLA“  „Das Zartgemüse wird heiß durch die Flammen“; eine  dem Inhalt, Vegetarisches Grillen, nachahmende Wortstellung, da es beide Begrifflichkeiten im Mittelalter nicht gab.

Die Oberzeile

Die Oberzeile beginnt mittig mit dem Bayerischen Wappen, das vereinfacht  die Zugehörigkeit zum Hause Wittelsbach versinnbildlicht, aus der die „segnende Hand Gottes“ (Der Segen des Hausherren seinerzeit Prinz Luitpold von Bayern) hervortritt und das Betreiben des Kohlemeilers mit seinen ungewohnten aromatisch befremdlichen Gerüchen absegnet.

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Das Bayerische Wappen wird eingerahmt von zwei keltischen, feuerspeienden Fabelwesen die

zum Einen wie bereits im „Book of Lindisfarne“ und „Book of Durrow“ dargestellt, den neuen Glauben der Christenheit mit dem bösen abwehrenden Gestalten der Keltisch- Angelsächsischen Mythologie verknüpft und einer symbiotischen Beziehung gleich das Herrschergeschlecht bewacht und beschützt.

Zum Anderen wird das Wappen nicht fälschlicherweise abgefackelt, sondern mit der mystischen, heilenden Macht des Feuers gestärkt und gestählt wie im Lied der Nibelungen ausführlich beschrieben.

So kann der Teppich zum Einen von links nach rechts, aber auch von oben nach unten gelesen werden und im Zentrum der Kreuzform steht immer das Wichtigste:

der Kohlemeiler!